Personenschäden
Allgemein
Als Personenschäden bezeichnet man diejenigen Nachteile, die einer Person im
Rahmen einer Körperverletzung entstehen. Die selbstständige Geltendmachung
dieser Schäden ist für den Geschädigten größtenteils unmöglich. Mag man als von
einem Unfall Betroffener noch erkennen, dass der Wagen repariert werden muss
und dass man auch einen Mietwagen benötigt, so erschließen sich viele
Schadensfolgen einer Körperverletzung erst bei eingehender Befassung mit der
Materie. Sehr oft assoziiert der Laie mit einem Personenschaden nur den Begriff
“Schmerzensgeld“. Diese Annahme kombiniert mit der Kenntnis von sogenannten
Schmerzensgeldtabellen führt oft zu massiven Fehlentscheidungen bei der
Regulierung. Während die Schmerzensgelder in Deutschland - im Gegensatz zu den
in diesem Zusammenhang oft zitierten USA - immer noch recht bescheiden
ausfallen, sind die eigentlichen Folgen eines Unfallschadens meist um ein
vielfaches höher als das Schmerzensgeld. Die Versicherungen locken mit durchaus
ansehnlichen Abfindungssummen und verschweigen dabei, dass eigentlich ein
Vielfaches der Summe geltend gemacht werden könnte. Auch an dieser Stelle ist
der Geschädigte ohne kompetente anwaltliche Hilfe nicht mehr in der Lage, seine
Rechte adäquat zu verfolgen.
Besonderheiten
der Haftung und Beweisführung
Grundsätzliches zur Haftung wurde bereits erläutert. Bevor die Schäden der Höhe
nach beziffert werden können muss feststehen, in welchem Umfang überhaupt eine
Haftung besteht. Bei Verletzungen kommen einige Besonderheiten hinzu. Zwischen
der Verletzungshandlung und der Verletzung muss ein Zusammenhang bestehen. Dies
ist bei vielen Konstellationen unzweifelhaft zu bejahen. Es können
diesbezüglich aber auch problematische Fälle auftreten. Wie sieht es z.B. aus,
wenn eine Vorschädigung des Verletzten vorgelegen hat? Können lange nach dem
Unfall zurückliegende Verschlechterungen des Gesundheitszustandes noch auf das
Schadensereignis zurückgeführt werden? Was ist, wenn körperlich keine Schäden
feststellbar sind, der Verletzte dennoch über massive Beschwerden klagt? Wie
sind psychische Schäden als Folge von Unfällen einzuordnen? Wie weit reicht der
Zusammenhang zwischen Unfall und Verletzung? Kann z.B. das bloße Beobachten von
Rettungsmaßnahmen zu einem Schadensersatzanspruch wegen psychischer Störungen
führen? Die Beantwortung dieser Fragen würde an dieser Stelle zu weit führen.
Allein die Fragestellungen lassen jedoch erahnen, dass dem Haftungszusammenhang
bei Personenschäden besondere Aufmerksamkeit zu schenken ist. Die Haftung für
ein Fehlverhalten setzt einen Haftenden und dessen Haftpflichtversicherung
voraus. Vielfach fehlt es daran. Jemand der mit seinem Fahrzeug allein
verunglückt wird hierfür niemanden verantwortlich machen können. Er ist darauf
angewiesen, dass er eine Unfallversicherung abgeschlossen hat. Diese erstattet
jedoch meist nicht die Schäden, sondern zahlt festgelegte Beträge aus. Oft sind
diese jedoch für den Ausgleich der Schäden nicht ausreichend. Hinzu kommt, dass
jede Versicherung den Einwand der groben Fahrlässigkeit erheben kann und der
Versicherungsnehmer in diesem Falle gänzlich leer ausgeht. Zu beachten ist
jedoch folgende Besonderheit: Die Insassen eines KFZ können immer den Fahrer
des KFZ in Anspruch nehmen. Für diesen haftet die Haftpflichtversicherung des
KFZ. Dies geht sogar soweit, dass der Halter und Versicherungsnehmer der
Haftpflichtversicherung Ansprüche gegen seine eigene Haftpflichtversicherung
hat, wenn er als Beifahrer verletzt wurde. Diese Ansprüche betreffen allerdings
nur Personenschäden. Ausnahmen gelten bei vereinbarten oder anzunehmenden
Haftungsausschlüssen.
Heilbehandlungskosten
Zu erstatten sind sämtliche Aufwendungen zur Wiederherstellung der Gesundheit des
Geschädigten. Die Kosten werden jedoch meist nicht vom Verletzten selbst
getragen, sondern von dessen Krankenkasse. Diese wiederum nimmt Regress bei der
Haftpflichtversicherung des Schädigers. Dies ist auch der Grund dafür, dass
Verletzungen bei Krankenkassen besonderes Interesse hervorrufen. Zwar läuft die
Erstattung der Heilbehandlungskosten demnach über die eigene
Krankenversicherung, jedoch erbringt diese ihre Leistungen nach den
sozialrechtlichen Vorschriften. Dies bedeutet, dass es in vielen Bereichen zu
Zuzahlungen und Leistungskürzungen kommen kann. Diese Kosten sind von der
Haftpflichtversicherung des Schädigers zu übernehmen. Hierzu gehören auch nicht
kassentaugliche kosmetische Operationen.
Schmerzensgeld
Viele Folgen einer Verletzung können in Zahlen gefasst werden. Bei allen
nachfolgenden Schadenspositionen (außer dem Schmerzensgeld) geht es um den
Ausgleich von Nachteilen, um den Ersatz des entstandenen Schadens. Dieser
Schaden kann auf Basis von festgelegten Kriterien relativ genau bestimmt
werden. Anders ist dies aber in Bezug auf dass erlittene Leid und die
Schmerzen. Dies in Zahlen zu fassen fällt schwer. Dennoch gewährt das Deutsche
Recht dem Geschädigten ein Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens. Das
Schmerzensgeld ist mithin Ausgleich für den Schaden, der nicht Vermögensschaden
ist. Es hat eine sogenannte Ausgleichsfunktion und eine Genugtuungsfunktion.
Der Ausgleichsfunktion kommt dabei die größere Bedeutung zu. Abzustellen ist
dabei zunächst auf die Schwere der Verletzungen, die Dauer der Schmerzen, die
Intensität der Schmerzen und auch um die Fähigkeit zur Verarbeitung der
Schmerzen. Wer schon nach wenigen Tagen aus dem Krankenhaus entlassen werden
will und sich entgegen ärztlichem Rat gesund schreiben lässt, der hat entweder
eine anspruchsvollen Job oder er kann mit Schmerzen einfach besser Umgehen als
andere, die beispielsweise nach einem Schleudertrauma eine
behandlungsbedürftige tiefe Depression entwickeln. Die Ausgleichsfunktion des Schmerzendgeldes
wird im Wesentlichen durch folgende Kriterien geprägt:
· Art und Schwere der Verletzungen
· Intensität der Schmerzen
· Dauer der Schmerzen
· Dauer der stationären Behandlung
· Dauer der gesamten Heilbehandlung
· Anzahl und Schwere der Operationen
· Verbleib von Folgeschäden
· Psychische Folgen der Verletzung
· Grad der Arbeitsunfähigkeit
· Dauer der Arbeitsunfähigkeit
· Berufliche Folgen
· Private Folgen (Sportausübung etc.)
Die Genugtuungsfunktion ist
die zweite aber weit weniger relevante Säule der Schmerzensgeldhaftung. Der
Geschädigte soll durch die Zahlung des Schmerzendgeldes auch Genugtuung
erlangen. Folgende Kriterien sind relevant:
· Bestrafung des Täters im Rahmen des Strafrechtes
· Wirtschaftliche Verhältnisse des Täters
· Grad des Verschuldens (leicht fahrlässig bis Vorsatz)
· Verzögerte Schadensregulierung
Gerade
die verzögerte Regulierung hat in neuerer Zeit besondere Bedeutung erlangt.
Dabei geht es um das Phänomen, dass die Versicherungen bei steigender
Schadenshöhe dazu neigen, immer zögerlicher zu regulieren und Prozesse oder
Vergleichsverhandlungen unnötig in die Länge zu ziehen. Die zwischenzeitlich
für den Geschädigten entstehenden Nachteile können gravierend sein. Allein aus
diesem Grunde werden häufig die Schmerzensgeldbeträge pauschal erhöht. Trotz
Anwendung dieser Kriterien wird es dem Außenstehenden immer noch schwer fallen,
eine Verletzung richtig einzuordnen. Deswegen orientiert sich die
Schmerzensgeldbemessung auch weitestgehend an der Rechtsprechung der Vergangenheit.
Hierzu existieren sogenannte Schmerzensgeldtabellen, in denen die
Rechtsprechung systematisch wiedergegeben ist. Die Bekannteste dürfte die
Schmerzensgeldtabelle eines großen deutschen Automobilclubs sein. Solche
Tabellen sind allerdings nicht per se aussagekräftig. Zum einen fällt die
Einordnung von Verletzungen schwer, da dort immer nur Urteile wiedergegeben
sind, die eine Vielzahl von einzelnen Verletzungen behandeln. Den
Unterschenkelbruch oder den Oberarmbruch gibt es dort meist nur garniert mit
anderen Verletzungen, die meist auf den eigenen Fall nicht passen. Weiterhin
handelt es sich teils um sehr alte Urteile. Was Mitte der 80er galt ist heute
überholt bzw. wenigstens der Teuerung anzupassen. Auch muss man sich immer vor
Augen halten, dass dort nur über das Schmerzensgeld diskutiert wird. Alle
anderen Schäden – siehe oben – bleiben unberücksichtigt. Wer in Kenntnis der
Tabellen also meint, ein gutes Geschäft gemacht zu haben, wenn die Versicherung
das Doppelte des eigentlich üblichen Schmerzensgeldes als Abfindung zahlt, hat
meist in Wirklichkeit ein schlechtes Geschäft gemacht.
Vermehrte
Bedürfnisse
Hierzu zählen alle Aufwendungen, die der Verletzte hat, um die
Verletzungsfolgen zu überwinden. Dies reicht von Kuren über orthopädische Hilfsmittel,
Fahrtkosten bis zu Umbaukosten für Haus und PKW. Die vermehrten Bedürfnisse
machen in vielen Fällen einen erheblichen Teil des Schadensersatzanspruches
aus. Sie sind in jedem Falle neu zu bestimmen und an die Lebenssituation und
die Schwere der Verletzungsfolgen anzupassen.
Besuchskosten
Soweit Angehörige den Verletzten im Krankenhaus besuchen sind die Kosten für
diese Besuche zu erstatten. Dieser Anspruch ist jedoch begrenzt auf nahe
Angehörige und eine angemessene Anzahl an Besuchen. Der Anspruch stehet dem
Verletzten zu und nicht den Angehörigen.
Erwerbsschaden
Der Erwerbsschaden erfasst alle Nachteile, die wegen der Nichtausübung oder
eingeschränkten Ausübung der Erwerbstätigkeit entstehen. Es ist grundsätzlich
zu unterscheiden zwischen unselbstständiger, selbstständiger und zukünftiger
Erwerbstätigkeit. Bei der unselbstständigen Erwerbstätigkeit trifft den
Arbeitgeber die Verpflichtung zur Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle. Für 6
Wochen entstehen dem Arbeitnehmer deswegen erst einmal keine Nachteile
(Ausnahmen sind entgangene Boni etc.). Wohl aber dem Arbeitgeber entstehen
Nachteile. Dieser hat einen selbstständigen Anspruch gegen den Schädiger auf
Erstattung der Leistungen, die er für seinen Arbeitnehmer während der ersten 6
Wochen erbracht hat. Sollte der Verletzte mehr als 6 Wochen arbeitsunfähig
sein, so zahlt die Krankenkasse Krankengeld. Das Krankengeld ist regelmäßig
niedriger als der eigentliche Verdienst. Die Differenz ist durch den Schädiger
zu erstatten. Dies gilt für die unmittelbare Zeit nach dem Verletzungsereignis
und auch für die gesamte zukünftige Entwicklung der Erwerbsfähigkeit. Es sind
diesbezüglich Prognosen über Entwicklung der Erwerbseinkünfte mit und ohne
Verletzungserfolg zu stellen. Es kommt dabei nicht auf eine theoretische
Minderung der Erwerbsfähigkeit an, sondern auf die tatsächlichen Folgen. Einen Bürotätigen wird ein schwerer Knieschaden z.B. weniger
betreffen als einen Handwerker. Ein Hartz-IV-Empfänger wird wiederum schwerlich
einen Erwerbsschaden darlegen können. Bei selbstständiger Tätigkeit sind die
Nachteile nicht so klar zu beziffern. Hier muss eine umfassende Betrachtung der
Einkommenssituation erfolgen. Kommt es zu spürbaren und nachweisbaren Einbußen,
so sind diese auszugleichen. Auch Kinder oder momentan Einkommenslose können
einen Erwerbsschaden erleiden. Dies kommt auf die individuelle Situation an.
Ein vierzehnjähriges Kind mit konkreten Berufsvorstellungen als Facharbeiter
wird durch schwere Verletzungen große Nachteile in seinem zukünftigen Leben
erleiden können. Insbesondere dann, wenn es von seiner Art her nicht für
leichte Bürotätigkeiten in Frage kommt. Auch bei weitestgehend folgenlos
verheilten Verletzungen, die aber den Verlust eines Schuljahres nach sich
gezogen haben muss Ersatz geleistet werden. Schließlich erfolgt der Eintritt in
die Berufstätigkeit ein Jahr später. Auch Arbeitslose erleiden einen
Einkommensschaden, weil die Möglichkeiten auf Erlangung eines der Qualifikation
entsprechenden Jobs gemindert werden. Dies sind konkret auszugleichende
Nachteile
Haushaltsführungsschaden
Hierbei handelt es sich um einen Schaden, der für den Laien auf den ersten
Blick wohl nur schwer nachzuvollziehen sein dürfte. Dieser Schadensposition
liegt der Gedanke zugrunde, dass die verletzte Person in gesundem Zustand im
Haushalt Arbeiten verrichtet hat, welche in Folge der Verletzung zeitweise ganz
oder teilweise nicht ausgeführt werden konnten oder können. Ist der Mann
Alleinverdiener und die Frau als Hausfrau tätig, dann kann eine Verletzung
großen Beeinträchtigungen der Haushaltsführung zur Folge habe. Dies gilt aber
auch bei Verletzung des Mannes. Abhängig ist der Anspruch von der Größe des
Haushaltes, dem Anteil der verletzten Person an der Haushaltsführung und dem
Verletzungsgrad. Es auf Basis dieser Daten und unter Hinzuziehung spezieller
Tabellen dann eine Ermittlung des Tagesbedarfs in Stunden zu erfolgen. Die
Erstattung erfolgt dann durch direkte Bezahlung einer Ersatzkraft oder Zahlung
des fiktiven Stundenlohnes auf Basis des BAT.